Carl Orff
Carmina Burana
Soloists
Vanessa Waldhart, soprano
Ricaro Fernziel Badisch, tenor
Kristjan Johansson, baritone
directed by Vijay Upadhyaya
Der Name Carmina Burana (Beurer Lieder) bezeichnet ursprünglich die von Johann Andreas Schmeller 1847 herausgegebene erste Gesamtausgabe einer 1803 im Kloster Benediktbeuern aufgefundenen Sammlung mittelalterlicher Vagantendichtungen, die vermutlich um das Jahr 1230 an der südlichen Grenze des damaligen deutschen Sprachgebiets (Steiermark, Kärnten oder Südtirol) entstanden ist. Zufällig stößt der Komponist Carl Orff im Jahr 1934 auf dieses Buch und ist davon so fasziniert, dass er beschließt, einige der in mittellatein, mittelhochdeutsch und altfranzösisch gehaltenen Texte zu vertonen. Zusammen mit dem lateinbegeisterten Archivar Michael Hofmann entwickelt er ein Libretto und komponiert ein etwa einstündiges Werk, das am 8. Juni 1937 in Frankfurt am Main uraufgeführt wird. Heute gehören die Carmina Burana sowohl zu den bekanntesten als auch zu den am häufigsten aufgeführten Kompositionen des 20. Jahrhunderts.
Eingebettet in den durch Film und Werbung berühmt gewordenen Eingangs- und Schlusschor „O Fortuna“, der die Schicksalsgöttin als launenhafte Herrscherin der Welt schildert, lassen sich Orffs Carmina Burana in drei Teile gliedern, die nur lose miteinander in Verbindung stehen. Im ersten Teil Primo vere/Uf dem Anger dreht sich alles um das Frühlingserwachen und die Verknüpfung zwischen Mensch und Natur. Im zweiten Teil In taberna stehen die irdischen Genüsse, Essen und Trinken im Mittelpunkt des Geschehens. Der dritte und letzte Teil Cour d’amour/Blanziflor et Helena beschäftigt sich mit den verschiedenen Spielarten der Liebe.
Musikalisch baut Orff auf das von ihm vertretene Prinzip der elementaren Musik, das auch vielen anderen seiner Kompositionen immanent ist. Anstelle von thematischer Arbeit und motivischer Fortspinnung basieren die Carmina Burana auf einer „statischen Architektonik“ (Orff); Melodien und Harmonik sind bewusst einfach gehalten. So beherrschen vor allem Bordunklänge („leere“ Quinten) und Ostinati (stetige Wiederholungen von Figuren) die musikalische Struktur. Charakteristisch sind außerdem das beständige Spiel mit verschiedenen Metren und Rhythmen, die herausragende Rolle des Schlagwerks sowie die enorme Größe von Chor und Orchester im Allgemeinen. Trotz zunächst kritischer Stimmen, die das Werk als musikalisch primitiv und ob seiner Sprache als veraltet oder sogar als „undeutsch“ bezeichnen, ist sich Orff von Anfang an über die Tragweite seiner Carmina Burana bewusst. Seinen Verleger lässt er direkt nach der Uraufführung wissen: „Alles, was ich bisher geschrieben und Sie leider gedruckt haben, können Sie nun einstampfen! Mit den Carmina Burana beginnen meine gesammelten Werke!“ (Florian Zeuner)